Strukturiert Japanisch Lernen

Einige Lehrbücher beginnen ihre Lektionen mit Begrüßungsformeln wie "Guten Tag" und sich vorstellen zu können. Zudem werden absichtlich eher selten genutzte aber leicht zu erlernende Wörter vorgestellt. Von all dem möchte man in diesem Ratgeber absehen und sattdessen dem Lernenden einen Überblick geben, was einem in der japanischen Sprache erwartet.

Im Folgenden wird ein ein fünfschichtiges Tortendiagramm vorgestellt, dass aus Lernschichten der japanischen Sprache besteht. Dieses Lerngerüst beginnt von unten mit dem Fundament und erhöht Schicht für Schicht die Komplexität. Durch diesen sog. Bottom-Up-Ansatz (aufbauender Ansatz) möchte der Ratgeber auf logische Weiße das Lernen der Sprache konzipieren. Während die erste fundamentale Schicht (Silbenschrift) komplett gelernt werden muss, möchte man bei den darauf folgenden Schichten ein gewissen Anteil erlernen, um Anteile der darüberliegenden Schicht freizuschalten. Das Ziel ist durch diesen Durchstich-Ansatz so schnell wie möglich befähigt zu sein, echte japanische Sätze lesen, schreiben, hören und sprechen zu können.

Nachfolgend wird eine Übersicht der einzelnen Lernschichten von unten nach oben (Bottom-Up) gegeben. Zudem wird der Lernende mit einer Abschätzung zum Schwierigkeitsgrad zwischen Leicht, Mittel und Schwer auf den Lernaufwand vorbereitet. Inhaltliche Details werden in den jeweiligen Unterabschnitten behandelt.

Japanische Silbenschrift & Aussprache

Zuerst ist es wichtig, sich die neuen Schriftzeichen der Sprache anzueignen. Zum Beispiel sind das in Deutsch die Buchstaben von A bis Z in Groß- und Kleinschreibung und deren Aussprache (je 26, also 52 Zeichen). Das besondere an Japanisch ist hierbei, dass statt Buchstaben Silben genutzt werden. Es gibt zwei unterschiedliche Silbenschriften, die aber recht logisch aufgebaut sind.

Schwierigkeitsgrad: leicht.

Je Silbenschrift sind 46 Grundsilben zu lernen, d.h. 92 Silben-Aussprache Paare. Zudem gibt es noch

  • leicht zu erlernende Zusammensetzungen (je 21),
  • zwei angebrachte kleine Zeichen, die die Aussprache verändern (je 25) sowie
  • eine Kombination daraus (je 12).

Weil die Silben eine abgeschlossene Menge sind, immer wieder genutzt werden und deren Aufbau eher logischen Regeln folgt, wird der Schwierigkeitsgrad als leicht angesehen. Tatsächlich freuen sich viele Lernende in recht kurzer Zeit die japanische Silbenschrift lesen und aussprechen zu können. Jedoch besteht das japanischen Schriftsystem aus einer weiteren Schrift, die fundamental für die Sprache ist.

Chinesische Zeichen & Lesungen

Es mag zuerst sehr verwirrend sein: Warum geht es nun um die chinesische Sprache, obwohl man doch Japanisch lernen möchte?

Ab ca. 500 n. Chr. sind chinesische Zeichen über die Zeit in mehreren Wellen aus verschiedenen Teilen Chinas nach Japan gelangt. Japanische Schriftgelehrte habe die Zeichen übernommen, sie mit der japanischen Aussprache von bekannten Konzepten in Verbindung gebracht und dabei auch die chinesische Aussprache, aber japanisch ausgesprochen, übernommen. Zusammenfassend kann man sagen, dass sich die Japaner über Jahrhunderte die chinesischen Zeichen und ihre verschiedenen Lesungen für den eigenen Sprachgebrauch angeeignet haben. Heraus kommt ein japanisch interpretiertes Chinesisch, das selbst nicht mehr die chinesische Sprache ist.

Schwierigkeitsgrad: (sehr) schwer.

Chinesische Zeichen sind ungewohnt für Deutsche aus zwei Hauptgründen:

  • Sie haben eine hohe Informationsdichte, da ein Zeichen allein schon mehrere Konzepte repräsentiert.
  • Sie werden mit mehreren Strichen gemalt, im Gegensatz zu den einfach gezeichneten deutschen Buchstaben.

Hinzu kommt, dass sehr viele Zeichen im Japanischen existieren: etwas über 2.000 sind standardisiert, ca. 1.000 muss man kennen, um eine 95% Abdeckung in Zeitungen zu erreichen. Zudem ist die Übernahme der Zeichen historisch gewachsen: Es gibt mehrere Lesung eines Zeichens basierend auf dem Kontext, in dem das Zeichen auftaucht. Die über die Jahre entstandenen Vereinfachungen und Uminterpretationen sorgen für ein nicht logisch aufgebaute Schrift.

Aus diesen Gründen ist das Erlernen der japanisch interpretierten chinesischen Zeichen zusammen mit deren Lesungen als (sehr) schwer eingeschätzt. Doch diese Lernschicht ist Essenziell und die erste große Herausforderung, die ein Lernender sich stellen muss, um wirklich Japanisch verstehen zu können.

Gebräuchliche Wörter, Adjektive, Verben

Wörter werden gebildet aus

  • ein oder mehrere Silben aus der Silbenschrift,
  • ein oder mehrere Zeichen aus den chinesische Zeichen und
  • eine Kombination aus Beidem.

Zu Beginn konzentriert man sich auf gebräuchliche Wörter aus den Haupt-Wortarten Substantiv, Adjektiv und Verb.

Schwierigkeitsgrad: mittel.

Weil man schon chinesische Zeichen und ein Teil der Lesungen gelernt hat, ist es nicht mehr schwer sich nun Kombinationen daraus und deren neu geformte Bedeutung zu merken. Da die Lesungen je nach Kontext variieren, bleibt das Lernen trotzdem nicht leicht. Zudem gibt es Eigenheiten in den Verbindungen der Schriftzeichen und ihren Bedeutungen innerhalb der Sprache. Es müssen an die 4.000 Wörter gelernt werden, damit man eine 95% Abdeckung in üblichen Texten erzielt. Aus diesen Gründen ist der Schwierigkeitsgrad auf mittel geschätzt.

Wurden genügend Wörter wie Substantive, Adjektive und Verben verinnerlicht, können schon erste einfache Sätze gelesen, geschrieben, gehört und gesprochen werden.

Einfache Sätze

Die einfachsten Sätze bestehen aus einem Subjekt und einem Verb, wie z.B. "Der Hund bellt." Eine Steigerung ist die Hinzunahme von einem Objekt, wie z.B. "Der Mann schreibt einen Roman." In Japanisch ist die Grundwortstellung (übliche Satzstellung) anders als im Deutschen:

  • Im Deutschen: Subjekt - Verb - Objekt, also "Der Mann schreibt einen Roman."
  • Im Japanischen: Subjekt - Objekt - Verb, also "Der Mann einen Roman schreibt."

Funktionen der Satzglieder werden in einem Satz besonders markiert. Ein japanischer Satz wirkt daher wie eine syntaktisch strukturierter Aufruf eines maschinellen Kommandos, bei dem zuerst Parameter mitgegeben werden und schließlich das Verb den Satz "absendet". Parameter sind hier beispielsweiße Markierungen für das Objekt, der Ort, die Richtung, der Handlungsort, die Zeit oder eine Frage.
Sätze werden üblicherweise ohne Leerzeichen geschrieben, weshalb es deutschen Muttersprachlern schwer fällt, einzelne Wörter zu identifizieren.

Schwierigkeitsgrad: mittel.

Die Besonderheit der Satzstellung, die Markierung der Satzglieder, der Fokus auf Prädikatveränderungen durch Suffixe und das Fehlen von Leerzeichen, erschwert das Lesen von Sätzen. Daher ist der Schwierigkeitsgrad auf mittel gesetzt. Versteht man einfache Sätze, gibt es noch viele grammatikalische Besonderheiten.

Grammatik

In der japanische Grammatik gibt es einige Eigenarten, die man in der Deutschen Sprache so nicht kennt. Ein Satz kann ein Thema und ein Subjekt zugleich haben. Ein komplexes System der Höflichkeitsebenen erzeugt zusätzliche Regeln und Wörter, die im richtigen Kontext anzuwenden sind. Zudem ist die Auslassung von Satzteilen und indirekten Formulierungen oftmals ungewöhnlich für deutsche Muttersprachler.

Schwierigkeitsgrad: mittel.

Folgende grammatikalische Kategorien gibt es in Japanisch nicht: Keine Artikel, kein grammatikalisches Geschlecht, meist kein Plural und keine Deklinationen. Dafür müssen neue Regeln gelernt werden, die wegen kultureller Unterschiede ein deutscher Muttersprachler einfach nicht kennen kann. Deswegen ist weiterhin mittel als Schwierigkeitsgrad angegeben.

Fazit

Von der leicht zu lernenden Silbenschrift (und Aussprache) geht es direkt in die (sehr) schwer zu lernenden chinesischen Zeichen (und Lesungen), die aber essentiell sind. Gerade die Menge an Zeichen (mind. 1.000) und die Menge an Wörtern (mind. 4.000), die phonetisch kaum etwas mit deutschen Wörtern zu tun haben, sind der Grund für die mittleren und schweren Schwierigkeitsgrade. Sind Wörter gelernt bleibt das Bilden von Sätzen und die Vertiefung in die Grammatik wegen ungewohnten Elementen auf einer mittleren Schwierigkeit.

Der Lernende muss sich darauf Einstellen, viele fremde Zeichen, deren Aussprache und Kombinationen zu erlernen. Doch Schritt für Schritt mit jeder weiteren Lernschicht lässt sich mit einem Durchstich schon erste Lernerfolge in kurzer Zeit erzielen.